Wie man einen sicheren und komfortablen Wohnraum für Rollstuhlfahrer gestaltet

Wie man einen sicheren und komfortablen Wohnraum für Rollstuhlfahrer gestaltet

Dr. Sebastian Keller



Wie man einen sicheren und komfortablen Wohnraum für Rollstuhlfahrer gestaltet

Die Unterstützung eines Menschen, der die Beweglichkeit in den unteren Gliedmaßen verloren hat, bedeutet nicht nur Pflege, sondern auch die Schaffung von Bedingungen für seine Unabhängigkeit und ein aktives Leben. Basierend auf meiner langjährigen Erfahrung mit Rollstuhlfahrern habe ich eine Reihe von Empfehlungen entwickelt, die nicht nur die Sicherheit zu Hause gewährleisten, sondern auch die Rehabilitation fördern.

 


 

1. Barrierefreies Wohnen: Anpassung des Wohnraums

🏡 Grundprinzipien:
✔️ Breite Türöffnungen und Flure – mindestens 90 cm für eine freie Durchfahrt.
✔️ Vermeidung von Türschwellen und Höhenunterschieden – falls nicht möglich, Rampen installieren.
✔️ Rutschfeste Bodenbeläge – Laminat, Fliesen oder Linoleum, aber keine Teppiche, die das Fahren erschweren könnten.
✔️ Tiefliegende Lichtschalter und Steckdosen – in einer Höhe von 50–70 cm über dem Boden.

💡 Tipp: Falls hohe Regale oder Schränke vorhanden sind, sollten ausziehbare Systeme oder Mechanismen verwendet werden, um die Regalböden nach unten zu bringen.

 


 

2. Badezimmer: Komfort und Sicherheit

🚿 Unverzichtbare Elemente:
✔️ Ebenerdige Dusche (Walk-in-Dusche) – mit klappbarem Sitz und Handbrause.
✔️ Haltegriffe neben der Toilette und in der Dusche – für Unterstützung und Sicherheit.
✔️ Höhere Toilettensitze – erleichtern das Umsetzen vom Rollstuhl.
✔️ Rutschfeste Matten und Beläge – um Stürze zu vermeiden.

💡 Tipp: Sensorgesteuerte Wasserhähne oder Einhebelmischer sind für Rollstuhlfahrer viel praktischer.

 


 

3. Küche: Mehr Selbstständigkeit ermöglichen

🍽 Wichtige Anpassungen:
✔️ Arbeitsflächen auf 75 cm Höhe – damit man im Rollstuhl bequem darunterfahren kann.
✔️ Ausziehbare Schubladen statt tiefer Regale – um den Zugriff zu erleichtern.
✔️ Induktionskochfeld – verringert das Verbrennungsrisiko, da sich nur das Kochgeschirr erhitzt.
✔️ Kühlschrank mit Gefrierfach unten – damit die wichtigsten Lebensmittel auf Augenhöhe sind.

💡 Tipp: Rutschfeste Geschirrhalter verhindern das Verrutschen von Tellern und Gläsern.

 


 

4. Schlafzimmer: Erholsamer Schlaf und Komfort

🛏 Was zu beachten ist:
✔️ Höhenverstellbares Bett – mit Neigungsfunktion für mehr Komfort.
✔️ Niedrige Nachttische mit ausziehbaren Schubladen – für einen einfachen Zugriff.
✔️ Antidekubitusmatratze – zur Vorbeugung von Druckgeschwüren bei langem Liegen.

💡 Tipp: Ein kabelloser Lichtschalter neben dem Bett ermöglicht es, das Licht ohne fremde Hilfe ein- und auszuschalten.

 


 

5. Bewegung und Rehabilitation zu Hause

🏋️‍♂️ Empfohlene Hilfsmittel:
✔️ Handexpander – zur Stärkung der Armmuskulatur.
✔️ TRX-Schlingentraining – kann an Türen befestigt und zu Hause genutzt werden.
✔️ Handkurbel-Ergometer – fördert die kardiovaskuläre Fitness.
✔️ Sprossenwand oder Barren – für Dehnübungen und Muskelaufbau.

💡 Tipp: Falls möglich, eine barrierefreie Trainingsstrecke im Freien einrichten – das motiviert, mehr Zeit draußen zu verbringen.

 


 

6. Soziale und psychologische Anpassung: Barrieren überwinden

🧠 Die Bedeutung der psychologischen Unterstützung

Oftmals sind nicht die körperlichen Einschränkungen die größte Herausforderung, sondern die Veränderung des Lebensstils. Es ist wichtig, dass sich die betroffene Person nicht als Belastung fühlt und ein erfülltes Leben führen kann.

✔️ Nicht alles für die Person übernehmen – die Selbstständigkeit in allen möglichen Bereichen fördern.
✔️ Hobbys anpassen – Malen, Musik, Online-Kurse können helfen, neue Interessen zu entwickeln.
✔️ Soziale Aktivitäten ermöglichen – Veranstaltungen besuchen, Freunde treffen oder sogar reisen sind mit der richtigen Planung durchaus möglich.
✔️ Emotionale Verfassung im Blick behalten – Depressionen nach einer Verletzung sind häufig, daher sollte man auf Stimmungsschwankungen achten und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

💡 Tipp für Angehörige: Verwenden Sie das Prinzip „nicht fragen, sondern vorschlagen“ – statt „Fühlst du dich einsam?“ besser „Lass uns zusammen einen Film anschauen.“

 


 

Fazit

Ein gut angepasster Wohnraum bedeutet nicht nur Komfort, sondern auch einen Schritt in Richtung mehr Selbstständigkeit und Aktivität. Wenn Sicherheit und Funktionalität gewährleistet sind, kann eine Person im Rollstuhl ein normales Leben führen, arbeiten, reisen und ihren Interessen nachgehen.

Das Wichtigste ist, nicht die Einschränkungen zu sehen, sondern neue Möglichkeiten zu finden.

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